Markus Zitt, 28. November 2023, 11:00 Uhr

Sony und Nachrichten-Agentur AP testen kamerainterne Authentifizierung

Die Angst vor gefälschten Fotos ist seit dem Einzug von einfachen Manipulationsmöglichkeiten mittels Computer und Programmen wie Photoshop in den 1980er-Jahren gross. Durch die Digitalfotografie und den vermehrten Einzug von Künstlicher Intelligenz (KI/AI) sind die Möglichkeiten der Bildbearbeitung noch gewachsen, wobei das Ändern von Bildinhalten schon zuvor bzw. immer möglich war, wenngleich es sehr viel Können und aufwändiges Handwerk verlangte. Mit immer ausgefeilteren Programmen und Bearbeitungsfunktionen kann längst jeder User mit ein wenig Erfahrung Fotos annähernd perfekt nach seinen Wünschen verändern. Dies fängt bei einfachen digitalen «Schönheitsoperationen» am Bild und des Bildinhalts an und geht bis hin zu substanziellen Inhaltsveränderungen. Insbesondere nicht offensichtliche, den Inhalt und die Aussage von Foto betreffenden Bildmanipulation können je nach Verwendungszweck der Bilder und ganz besonders im Nachrichten- und Dokumentarbereich kritisch oder gar gefährlich sein.

Aus diesen Gründen befassen sich inzwischen etliche Unternehmen und Organisationen mit Möglichkeiten, Fotos vor missbräuchliche Manipulation zu schützen, indem den Aufnahmen ein Echtheits- oder Authentifizierungszertifikat hinzugefügt wird. Auf diese Weise will man erkennbar machen, ob ein Bild manipuliert wurde oder einen originalen, unveränderten Inhalt zeigt. (Eine subjektive, manipulative Ausschnittwahl wird durch ein Authentifizierungszertifikat jedoch ebenso wenig entdeckt wie Inszenierungen von Bildmotiven.)

Um als zumindest von veränderten Bildern zu schützen und das Vertrauen in digitale Bildinhalte zu stützen und letztlich so gegen Falsch- und Desinformation anzutreten, wurde 2019 wurde die Content Authenticity Initiative (CAI) lanciert. Der Verein zählt inzwischen 200 bedeutende Medien-, Kamera- und Software-Unternehmen. Leica, die der CAI Ende 2022 beigetreten war, hat in die kürzlich auf den Markt gebrachte Leica M11-P eine Authentifizierungsfunktion integriert (Fotointern berichtete).

Sony hat kamerainterne Authentifizierungstechnologie entwickelt und erprobt

Nun hat auch Sony so eine Technologie zur Authentifizierung von Bildern vorgestellt und ist dabei – wie so oft – den Weg einer eigenen Entwicklung gegangen. Dadurch soll den wachsenden Besorgnissen hinsichtlich gefälschter Bilder
entgegenwirken. Zusammen mit der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) wurde Tests für eine kamerainterne Authentifizierungstechnologie durchgeführt und im Oktober 2023 eine zweite Testrunde abgeschlossen. Diese von Sony entwickelte Technologie ermöglicht die kamerainterne Erstellung einer digitalen Signatur und stell eine «Geburtsurkunde» für Bilder dar, mit der sich deren Herkunft zweifelsfrei nachweisen lassen soll.

Auszug der Pressemeldung von Sony:

Die Authentifizierungstechnologie von Sony versieht Bilder mit einer maschinell erzeugten digitalen Signatur, die die Gefahr unentdeckter Manipulationen von vornherein ausräumt. Die digitale Signatur wird im Moment der Aufnahme im Hardware-Chipsatz der Kamera erstellt. Diese Sicherheitsfunktion ist auf professionelle Anwender/innen zugeschnitten, die ihre Inhalte schützen und deren Authentizität beweisen wollen, und schafft zusätzliche Sicherheit, um Nachrichtenagenturen im Kampf gegen gefälschte Bilder zu unterstützen.

«Die rasante Entwicklung der generativen KI (künstlichen Intelligenz) eröffnet neue kreative Ausdrucksmöglichkeiten, hat aber auch zu wachsender Besorgnis über die Auswirkungen geführt, die manipulierte oder gefälschte Bilder im Journalismus haben können», so Yann Salmon Legagneur, Marketing Director, Imaging and Product Solutions, Sony Europe. «Wenn falsche Informationen und Bilder verbreitet werden, hat das reale Folgen, die nicht nur unseren Partner/innen, den Fotojournalist/innen und Nachrichtenagenturen, schaden, sondern der Gesellschaft insgesamt. Wir nehmen dieses Problem sehr ernst und setzen unsere Ressourcen ein, um zu seiner Lösung beizutragen. Als Mitglied des Lenkungsausschusses der C2PA (Coalition for Content Provenance and Authenticity) hat Sony daran mitgewirkt, den aktuellen Branchenstandard für die Rückverfolgung von Bildbearbeitungen und -manipulationen zu definieren. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass unsere kamerainterne Authentifizierungstechnologie wertvolle Ergebnisse erbringt, und wir werden ihre Entwicklung weiter vorantreiben, um sie auf breiter Basis bereitstellen zu können.»

«Gefälschte und manipulierte Bilder sind für Nachrichtenorganisationen ein grosses Problem. Sie tragen nicht nur zu Falschmeldungen und Desinformation bei, sondern untergraben letztlich auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in echte Bilder», betont David Ake, Director of Photography, AP. «Wir sind stolz darauf, gemeinsam mit Sony Electronics an einer Authentifizierungslösung zu arbeiten, die zur Bekämpfung dieses Problems beitragen kann.»

Der jüngste Praxistest von Sony und AP wurde im Oktober 2023 abgeschlossen. Bei diesem einmonatigen Test wurden sowohl die Authentifizierung der Aufnahmen als auch der Workflow-Prozess bewertet. Sony arbeitete dabei mit Camera Bits zusammen – dem Unternehmen, das hinter dem branchenüblichen Workflow-Tool Photo Mechanic steht. Gemeinsam mit Sony und AP hat Camera Bits eine Technologie für Photo Mechanic entwickelt, die die digitale Signatur der Kamera während der gesamten Bearbeitung von Metadaten bewahrt.

«Wir sind uns der grossen Herausforderung bewusst, die manipulierte Bilder für unsere Partner/innen darstellen, und sind hoch motiviert, einen Beitrag zur Lösung dieses Problems zu leisten», so Dennis Walker, President und Gründer von Camera Bits. «Photo Mechanic wird seit 25 Jahren im Fotojournalismus eingesetzt und entwickelt sich im Einklang mit der Einführung neuer Technologien in der Branche ständig weiter. Wir setzen alles daran, dass Photo Mechanic eine vertrauenswürdige und authentische Workflow-Lösung bleibt.»

Praktische Umsetzung

Die neue kamerainterne Signatur von Sony und die C2PA-Authentifizierung werden voraussichtlich im Frühjahr 2024 durch ein Firmware-Update für die erst gerade (7. Oktober 2023) angekündigte neue Alpha 9 III sowie die Modelle Alpha 1 und Alpha 7S III bereitgestellt.

 

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