Urs Tillmanns, 9. Mai 2020, 10:17 Uhr

Das Peak Design Travel Tripod in der Praxis

Peak Design ist in erster Linie für seine innovativen Fototaschen und -rucksäcke bekannt. Dass nun das Sortiment auch mit einem Stativ ergänzt werden sollte, war schon am letzten Digitalevent zu erfahren. Damals wurde allerdings ein Prototyp vorgeführt, der noch in einigen Details von der nun finalen Version abwich. Doch schon damals war zu erkennen, dass sich das Stativ von Peak Design in mancherlei Hinsicht von den am Markt befindlichen Stativen unterscheiden würde.

Das Design macht dem Namen Ehre: Von der Verpackung über die Tasche bis zum Stativ wurde der ästhetischen Gestaltung grosse Wichtigkeit beigemessen.

 

Wie macht man an einem Stativ alles neu?

Stative sind älter als die Fotografie, und an ihrem Grundprinzip lässt sich wohl kaum noch etwas ändern: Drei verlängerbare Beine, eine Stativschulter, welche diese zusammenhält, sowie der Stativkopf als Kamerabefestigung, möglichst beweglich und arretierbar. Davon gibt es von unzähligen Herstellern die verschiedensten Ausführungen – mehr oder weniger kompakt, mehr oder weniger praktisch, mehr oder weniger teuer. Diesbezüglich wirklich Neues zu erfinden ist nicht ganz einfach … Auch Peak Design kommt an diesem Grundprinzip nicht vorbei, aber die für aussergewöhnliche und gestylte Fotorucksäcke bekannte Firma hat sich bei ihrer Neukonstruktion in der vierjährigen Konstruktionszeit einiges einfallen lassen.

Von extremer Bodennähe bis 153 cm Höhe lässt sich das Peak Design Stativ universell einsetzen

Was im Vordergrund der Entwicklung stand, war die kompakte Bauweise und ein geringes Gewicht – und dies bei einer Tragfähigkeit von mehr als neun Kilogramm. Die Vorgabe für die Kompaktheit war die Dimension einer Getränkeflasche, die ja auch problemlos in die Seitentaschen der Peak Design Rucksäcke eingesteckt werden kann. Das Gewicht sollte anderthalb Kilogramm nicht überschreiten, was mit der Aluminiumversion knapp eingehalten und mit der Carbon-Variante um 300 Gramm unterboten wurde.

Im Bestreben einer möglichst kompakten Bauweise wurde kein rundes, sondern ein trapezförmiges Rohrprofil entwickelt, das mit sechs Kanten eine sehr hohe Stabilität gewährleistet. Hinzu kommen vier Auszüge, mit denen das Stativ eine bequeme maximale Arbeitshöhe von bis zu 153 cm ermöglicht.

Aber dann ist da noch der voluminöse Kugelkopf, der jedem Stativkonstrukteur Kopfzerbrechen bereitet. Peak Design hat dies besonders elegant gelöst, indem der Kugelkopf in der Stativschulter platzsparend verschwindet. Was übrig bleibt ist die Kameraaufnahme mit der Schnellwechselplatte und einem Arretierring – aber dazu später mehr.

Durch die sechskantigen Trapezprofile und den integrierten Kugelkopf konnte viel Volumen eingespart werden. Das Peak Design Stativ hat die Dimension einer Getränkeflasche

Vergleicht man das Peak Design Stativ mit anderen Fabrikaten, so fällt die deutlich kompaktere Bauweise sofort auf. Zudem entfällt das Umschwenken der Stativbeine, das bei den meisten heute üblichen Fabrikaten erforderlich ist, damit der Stativkopf in Transportstellung zwischen den Stativbeinen seinen Platz findet – was wiederum Volumen generiert.

 

Der Kugelkopf ist mit der Mittelsäule fest verbunden und wird zum Transport in die Stativschulter versenkt. Er lässt sich beliebig rotieren und in drei Richtungen um 90° vertikal kippen. Zur Kameraaufnahme dient die Peak Design Schnellwechselplatte oder jede Arca-kompatible

Der Stativkopf ist insofern eine ungewohnte Konstruktion, als die Kugel Teil der Mittelsäule ist und in Transportposition ganz in die Stativschulter einfährt. Das spart Platz und schützt die Kugel vor Verletzungen. Der Kugelkopf hat drei Aussparungen, um die Kamera ins Hochformat oder in die vertikale Position für Reproduktionen zu kippen. Darüber befindet sich ein Ring, mit welchem der Stativkopf mit einer 90°-Drehung arretiert bzw. gelöst wird. Er kann auch teilgelöst werden und dient so als Friktion.

Der obere Ring (a) verriegelt die Klemmtaste der Schnellwechselplatte. Der untere Ring (b) löst oder fixiert die Kugelkopfbewegung

Der zweite, darüber liegende Ring mit einer Drehnocke verriegelt die Klemmtaste der Peak Design Standard Schnellwechselplatte, die vom Peak Design Capture Clip her vielen bekannt sein dürfte. Diese mit 38 x 38 mm Arca Swiss-kompatibel und kann gegen grössere Platten ausgetauscht werden, wobei dazu in den meisten Fällen die beiden Arretierschrauben mit dem kleineren Inbusschlüssel entfernt werden müssen. Auch die Kameraschraube wird in der Wechselplatte mit dem grösseren Inbusschlüssel festgezogen – wobei ich mir eher anstelle der Inbusschraube einen Münzschlitz gewünscht hätte.

Der Kameraaufnahmeteller kann auch gegen eine optionale normale Version mit einer ¼-Zoll-Schraube ausgetauscht werden, um beispielsweise einen Videokopf zu montieren. Im Kameraaufnahmeteller ist auch eine Libelle zur horizontalen Ausrichtung der Kamera eingelassen. Allerdings ist diese mit vier Millimeter Durchmesser sehr klein und schlecht ablesbar, vor allem, wenn eine grosse Kamera aufgesetzt ist.

Die vier Klick-Tasten lassen sich mit einem Handgriff öffnen oder verschliessen. Das ist schneller und sicherer als Drehverschlüsse – bleibt allerdings Ansichtssache

Klickverschluss oder Drehverschluss ist Ansichtssache. Peak Design hat sich für den Klickverschluss entschieden, weil damit das Öffnen und Ausziehen der Beine schneller vonstattengeht, und weil nicht versehentlich ein Beinsegment durch ungenügendes Anziehen einsacken kann. Zudem sind die vier Griffe sehr ergonomisch angebracht und erlauben so ein sehr schnelles und gleichzeitiges Öffnen und Ausfahren aller Stativbeine – und gleiches natürlich auch beim Einfahren und Fixieren der Beinsegmente.

Wie heute üblich können die Stativbeine in zwei Rastpositionen gespreizt werden. Damit kann das Stativ in unebenem Gelände oder an einem Felsen abgestützt werden, oder man erreicht eine tiefere Bodenposition mit verkürzter Mittelsäule. Die Position der Mittelsäule wird mit einem in der Stativschulter befindlichen Drehrad fixiert, das eingeklickt werden kann und am Stativ dann nicht vorsteht.

Die Stativfüsse bestehen aus einem Gummiblöcken, die über eine relativ grosse und rutschfeste Auflagefläche verfügt. Die Gummifüsse lasen sich mit dem Inbusschlüssel wegschrauben und durch optional erhältliche Stahlspitzen austauschen, die sich dann bei winterlichen Einsatz auf eisigen Flächen bewährt.

Der Inbusschlüssel hat seinen festen Platz in einer Halterung, die an einem Stativbein angeflanscht ist. Man braucht ihn beispielsweise um die Mittelsäule zu trennen oder um die Kamera auf der Schnellwechselplatte festzuziehen

Das «Bordwerkzeug» besteht aus zwei Inbusschlüsseln (2,5 mm und 4 mm), die in einer speziellen Halterung an einem Stativbein angeflanscht sind. Damit können sämtliche Schrauben des Stativs bei Bedarf nachgezogen oder einzelne Teile demontiert werden. Man braucht den grösseren Inbusschlüssel auch, um die Mittelsäule für eine extreme Bodenstellung zu verkürzen, wobei sich die Schraube dazu im Kugelkopf versteckt. Die Mittelsäule lässt sich auch ausfahren und von unten in die Stativschulter einfahren, um mit der Kamera auf Bodenhöhe zu kommen.

Im Kugelkopf befindet sich eine Öffnung durch welche die Mittelsäule losgeschraubt werden kann.

Das Peak Design Stativ überrascht mit einigen pfiffigen Details, von denen das erwähnte «Bordwerkzeug» eines ist. Es gibt aber noch mehr. Unten an der Mittelsäule ist ein Haken angebracht, der dazu dient das Stativ mit einem Gegengewicht zu beschweren, was beispielsweise bei starkem Wind angezeigt ist. Mit einer Arretierungstaste und einer Vierteldrehung lässt sich der Haken entfernen. Was nun, versteckt in der Mittelsäule zum Vorschein kommt, ist eine magnetisch gegen Herausfallen gesicherte Smartphonehalterung, die anstelle der Wechselplatte auf dem Stativ einfach eingesetzt werden kann.

Originelles Detail: In der Mittelsäule befindet sich die Smartphone-Halterung, die einfach in die Arca-kompatible Kupplung der Schnellwechselplatte eingesetzt werden kann.

Das Peak Design Stativ gibt es in zwei Ausführungen – in Carbon und Aluminium – die von der Konstruktion und den Möglichkeiten her identisch sind. Allerdings ist die Carbon-Version 300 Gramm leichter und soll laut Peak Design Vibrationen besser dämpfen. Dafür ist sie auch deutlich teurer, nämlich 669.00 Franken gegenüber 399.00 für die Aluversion.

Das Peak Design-Stativ ist eine sehr durchdachte und aufwändige Konstruktion, die ihren Preis hat, der sich jedoch nicht zuletzt durch Servicefähigkeit und einer lebenslangen Garantie (!) auszeichnet. Es ist damit eine langfristige Anschaffung, die über die Jahre günstiger kommt als mehrere billigere Stative, welche mit der Zeit an Stabilität einbüssen oder die sich nicht reparieren lassen.

 

Unser Fazit

Das Peak Design Stativ ist eine sehr ausgeklügelte Konstruktion, bei der hochwertige Materialen zum Einsatz kamen. Es ist mit den vier Klippverschlüssen pro Bein sehr schnell aufgestellt und wieder zusammengelegt. Diese verriegeln sicher. Die Gummifüsse sind mit relativ grossen Auflagen auch auf glatten Metalloberflächen sehr rutschfest. Es lässt sich auch für extreme Tiefstellungen sehr gut einsetzen. Da der Kugelkopf keine Panoramadrehung aufweist, ist er dafür nicht geeignet. Es empfiehlt sich dafür den optionalen Kameraaufnahmeteller mit ¼-Zoll-Schraube und einen Panoramakopf zu verwenden. Es ist mit einer Tragkraft von angegeben 9 Kilogramm auch für schwere Kameras geeignet und auch bei voller Arbeitshöhe äusserst stabil.

Text und Bilder: Urs Tillmanns

Weitere Informationen auf der Webseite von Peak Design und bei Perrot-Image SA

Peak Design Produkte werden in der Schweiz vertrieben durch

Perrot Image SA
CH-2560 Nidau
Tel. 032 332 79 79

 

Peak Design Travel Tripod – Spezifikationen
Packmass, Länge x ø 39.4 cm x 7.9 cm
Gewicht Aluminium 1.56 kg
Carbon 1.27 kg
Minimale Höhe Spreizstellung 1 = 36 cm
Spreizstellung 2 = 14 cm
< Bodenhöhe mit umgekehrter Mittelsäule
Maximale Höhe 153 cm
Beinprofil Trapezform, sechskant
Auszug Mittelsäule 21 cm
Mittelsäule umkehrbar ja
Smartphonehalterung in Mittelsäule untergebracht
Kugelkopf integriert
Schnellwechselplatte Arca-kompatibel
Nivellierlibelle vorhanden
Belastbarkeit 9,1 kg (20lb)
Beinsegmente / -auszüge 5 / 4
Stativfüsse Gummi, wechselbar
Spikes als Option
Stativtasche im Lieferumfang
Mitgelieferte Schraubenschlüssel Inbus 2,5 und 4 mm
Preis Aluminium CHF 399.00
Carbon CHF 669.00

 

4 Kommentare zu “Das Peak Design Travel Tripod in der Praxis”

  1. Danke für die gut gemachte Darstellung der Eigenschaften des Peak Design Travel Tripod. Allerdings heisst der Titel „… in der Praxis“ – davon ist leider nichts zu lesen. Hat sich das Stativ bewährt? Sind Schwächen oder Probleme aufgetaucht (z.B. bei Kälte, Hitze, Nässe – rutschen da die Beine immer noch so schnell raus und rein)? Lässt sich das Stativ nach Einsatz in Wasser/Sand einfach reinigen? Wie macht man Panos? Hält die Halterung des Imbus-Schlüssels oder können die verloren gehen? Und, das Wichtigste: wie stabil ist das Stativ wirklich?
    Vielleicht gibt es ja noch einen Teil II dieses Beitrags. Meine Fragen wären die m.E. wirklich interessanten Aspekte.

  2. Für Panoramen muss ein Leveller her. oder soll man-mühsam da keine Automatikbeine-jedes Bein so justieren bis die Kamera im lot ist? Gescheite Panoramastative haben eingebauten Leveller in der Mittelsäule. Stativ aufstellen egal wie Kamera steht. Ins Lot. und Kamera drehen.
    Das alte Metall-Bolex ist genial, wurde nochmals aufgelegt. Bombenfest aus Metall(4kg) mit eingebautem Leveller.
    Aber die Idee dieses Peak-Stativs geht in die richtige Richtung: Gefaltet klein und trotzdem vielseitig. Das Monomatic-Einbein von Linhof(Produktionsstopp) ist auch 40cm eingefahren. Die halbautomatische Höhenverstellung ist gewöhnungsbedürftig.

  3. So revolutionär wie sich die Meldung liest, ist dieses Reisestativ gar nicht: Mein seit Jahren bewährtes Sirui T-025 (mittlerweile existiert ein verbessertes Nachfolgemodell…) misst im Durchmesser max. 3 mm mehr als das Peak Design Stativ, es ist zusammengefaltet nur 32 cm lang und ermöglicht eine max. Arbeitshöhe (bis zur Stativplatte des mitgelieferten Kugelkopfs) von immerhin 140 cm. Und es wiegt incl. Kugelkopf (mit Panorama-Drehung!) nur 800 Gramm, nicht 1,5 kg. Klar, die geringere max. Höhe ist eine Einschränkung – aber das deutlich geringere Gewicht ein riesiger Vorteil.

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