Gastautor/-in, 16. Mai 2009, 20:32 Uhr

Erinnerung an einen genialen Erfinder: Dr. Edwin Land

Am 7. Mai wäre der Amerikaner Dr. Edwin Herbert Land 100 Jahre alt geworden. Er war eine Persönlichkeit, welche die Fotografie des 20. Jahrhunderts wesentlich mitbestimmte wie vor ihm die Franzosen Daguerre und Lumière oder der Kodak-Gründer George Eastman. Seine Erfindung, das Sofortbild, hat in der Fotografie eine neue Epoche eingeläutet.

Lands Name ist verbunden mit der Sofortbildfotografie, das gleich nach der Aufnahme verfügbare Bild. Er hatte sie vor 60 Jahren auf den Markt gebracht. Die klassische Fotografie mit herkömmlichen Filmen und Fotopapieren wurde dadurch nicht abgelöst. Erst um 1996 begann sie sich von der analogen zur digitalen Fotografie hin zu wandeln. Land erlebte das und auch das Ende seines Unternehmens 2007 für Kameras und 2008 für Filme nicht mehr, denn 1991 war er im Alter von 81 Jahren verstorben.

Am 7. Mai 1909 in Bridgeport, Connecticut, geboren, studierte er am Harvard College Physik. Im Februar 1932 gab er seine Erfindung der Polarisationsfolien aus Kunststoff bekannt. Ihre Filterwirkung lässt nur in einer Ebene schwingendes Licht durch und konnte daher vor allem für Sonnenbrillen und den 3D-Kinofilm eingesetzt werden. In der Fotografie schalten die Filter störende Reflexe aus und lassen Farben intensiver erscheinen. Nachdem 1935 die Schutzmarke «Polaroid» eingetragen worden war, gründete Land 1937 in Cambridge, Massachusetts, das gleichnamige Unternehmen. Auf die Idee der Sofortbildfotografie brachte ihn erst 1943 seine dreijährige Tochter Jennifer. Sie fragte ihn während eines Urlaubs in Florida, des Wartens ungeduldig, warum man die Fotos nicht sofort haben könnte.

Die Erfindung der Sofortbildfotografie hatte nichts mit den Polarisationsfolien zu tun. Es galt, das Fotolabor in Filme selbst zu verlegen: Bei der Aufnahme unbelichtetes Silbersalz wandert aus einer Negativschicht in ein neues Trägermaterial und bildet dort mit Hilfe einer hochkonzentrierten Entwicklerpaste ein Positiv des fotografierten Motivs. Das Grundprinzip war sogar im Rheinland erfunden worden, wo die bei Agfa in Leverkusen tätige, in Kürten ansässige Chemikerin Dr. Edith Weyde 1941 ein Patent auf «Copyrapid» erhalten hatte. Es diente zur schnellen Anfertigung von Bürokopien. Die deutschen Patente wurden als Kriegsbeute von den Siegermächten veröffentlicht, Land hatte aber schon 1943 mit der Ausarbeitung des Sofortbildes begonnen.

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Das erste Polaroid-Kameramodell – hier komplett mit Blitzlicht und Nahaufnahmesatz – wurde am am 26. November 1948 bei Jordan Marsh in Boston verkauft. Das Publikumsinteresse war riesig.

Die erste Polaroid Land Sofortbildkamera mit zugehörigem Film konnte am 26. November 1948 in Boston für knapp 90 Dollar verkauft werden – «Snap it, see it» war der Werbeslogan. Bis in die 1990er Jahre gab es dann fast jedes Jahr Produktneuheiten bei Polaroid, immer wieder von Land selbst auf den Aktionärstreffen vorgeführt. Der 15fache Ehrendoktor und Besitzer von über 500 Patenten empfing neben vielen Auszeichnungen 1967 auch den Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie, Köln.

Schon 1948 begonnen führten die aufwändigsten Forschungsarbeiten in der Geschichte der Fotografie 1963 zum «Ein-Minuten-Farbfilm» Polacolor. Sein Prinzip beruhte auf mit der Entwicklerpaste verketteten gelben, purpurnen und blaugrünen Farbstoffmolekülen, die aus den Negativschichten in das Positiv abwanderten. Auch Polacolor arbeitete wie die schwarzweissen Sofortbilder mit dem Trennbild-Prinzip: Nach dem Entwicklungsvorgang wurde das Negativ vom Positiv abgezogen. Konsequent für Land war die Weiterentwicklung des Farbbildes zum abfallfreien Monoblatt. Die aus der Kamera ausgeworfene Bildeinheit sollte sich selbständig entwickeln, ohne die Schichten voneinander trennen zu müssen. 500 Millionen Dollar steckte er in dieses Projekt mit siebenjähriger Entwicklungszeit und fünf neuen Fabriken. Land nannte es ein «ausserordentliches technologisches Drama», das amerikanische Magazin «Business Week» befürchtete einen «kolossalen Untergang». Doch wurde das 1972 eingeführte SX-70-System zum Welterfolg, wozu der Effekt der sichtbaren Bildentwicklung beitrug.

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Die Polaroid SX-70, die erste faltbare Spiegelreflexkamera der Welt, wurde von Dr. Land am 21. Februar 1972 anlässlich der Aktionärsversammlung vorgestellt. Sie lieferte in wenigen Minuten ein trockenes und abfallfreies Sofortbild. Damit begann für Polaroid eine neue Ära.

Der Ehrgeiz des rastlosen Edwin Land galt auch dem Schmalfilm und Dias. Das Schmalfilmsystem «Polavision» erlebte auf der photokina 1978 seine sensationelle Präsentation. Der Film im Super-8-Format konnte 90 Sekunden nach der Aufnahme im Entwicklungsgerät auf eine Mattscheibe projiziert werden. Doch war Polavision ebenso wenig lange überlebensfähig wie das 1983 eingeführte Polaroid «AutoProcess»-System mit Diafilmen. Die Sofortbildfotografie lebt jedoch weiter, nicht nur bei Fujifilm sondern auch im kürzlich bekannt gegebenen «Impossible Project» neuer Produkte, die 2010 aus dem früheren Polaroid Werk in Enschede (Holland) kommen sollen. Land würde das nicht für unmöglich halten.

Polaroid engültig verkauft
Polaroid hatte den Anschluss an das digitale Zeitalter verpasst und musste nach einem dramatischen Rückgang der Verkäufe 2001 Gläubigerschutz beantragen. 2002 übernahm One Equity Partners (JPMorgan Chase) einen Mehrheitsanteil. 2005 kaufte Tom Petters die Firma Polaroid und nutzte den bekannten Markenname, um in China hergestellte Produkte der Unterhaltungselektronik zu vertreiben. Der betrügerische Bankrott von Tom Petters riss auch Polaroid in die Insolvenz. Nun wurde Polaroid am 16. April 2009 an Hilco Consumer Capital und Gordon Brothers Brands versteigert, die sich weiterhin auf den Verkauf von diversen Elektronikprodukten unter dem Markenname «Polaroid» konzentrieren werden. Detail über diese jüngste Entwicklung finden Sie hier auf www.photoscala.de. (Redaktion)

Von Gert Koshofer
Originalartikel aus «Kölnische Rundschau» vom 6. Mai 2009 mit dem Titel «Klick, surr – und fertig ist das Foto». Verwendung mit Erlaubnis der Kölnischen Rundschau, Heinen-Verlag GmbH, Köln

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