Urs Tillmanns, 20. Dezember 2009, 07:00 Uhr

«Wir brauchen nicht mehr Pixel, sondern grössere Sensoren»

Dietmar WuellerAls sich vor zwei Jahren die Hersteller mit immer höheren Pixelzahlen übertrumpften, hat Dietmar Wueller mit der «6 Megapixel-Initiative» Gegensteuer gegeben. Hat diese «Mahnung zur Vernunft» Wirkung gezeigt? Welches waren die Reaktionen auf diese Webseite? Und wie sieht der Initiant heute die Zukunftsaussichten?

Vor gut zwei Jahren startete Image Engineering die Initiative «6 Megapixel». Dahinter stand die Erkenntnis eines führenden Testlabors, dass der Anstieg der Pixelzahlen auf grössenbegrenzten Kamerasensoren die Bildqualität verschlechtert – im Gegensatz zu der in der allgemeinen Öffentlichkeit verbreiteten Annahme: «Je mehr Pixel desto besser». Jetzt zeigt die Initiative deutliche Wirkung auch in konkreten Produkten: Einige aktuelle Digitalkameramodelle wie Lumix TZ7, Fujifilm F70 oder Canon G11 haben die Anzahl der Bildpunkte reduziert und liefern den Verbrauchern deutlich bessere Bilder. Für welchen Bildsensor welche Megapixelanzahl ideal ist, welche Vorteile sich darüber hinaus für den Anwender ergeben, wie die Initiative weitergeht und wie die Zukunft der Sensortechnologie in Digitalkameras aussieht, erklärt Dietmar Wueller, Gründer von Image Engineering und Initiator der «6 Megapixel-Initiative».

Herr Wueller, warum führen zu viele Pixel – entgegen vielen Aussagen in der Werbung der Hersteller – zu einer weniger guten Bildqualität.

Das lässt sich einfach erklären. Zum einen werden Sensoren bei zunehmender Bildpunkt-Anzahl ja nicht grösser, sondern eine gleichgross bleibende Fläche unterteilt sich immer stärker. Das heisst, pro Pixel steht eine geringere Menge an Licht zur Verfügung, ein Nachteil, der elektronisch kompensiert werden muss, was wiederum zu schlechterer Bildqualität führt. Darüber hinaus sind Pixel heute so klein, dass wir an die physikalischen Grenzen der Detailwiedergabe von Objektiven gelangen. Das bedeutet: Feine Details können von dem jeweiligen Objektiv nicht mehr abgebildet werden.

Canon G10_G11 Vergleich

Das Vergleichsbild zeigt den Bildausschnitt eines Testbildes der Canon G10 auf der linken Seite und der G11 auf der rechten Seite bei ISO 1600. (Anklicken für grössere Wiedergabe.)

Gilt diese Regel auch für Spiegelreflexkameras oder ausschliesslich für Kompaktmodelle? Und wenn ja, warum?

Diese Problematik ergibt sich vor allem bei Kompaktkameras, weil bei Spiegelreflexmodellen die Sensoren prinzipiell grösser sind. Dadurch ergibt sich eine entsprechend grössere Fläche für die Bildpunkte. Aber natürlich ist auch bei SLR-Kameras irgendwann die Grenze nach oben erreicht, wo mehr Bildpunkte die Bildqualität verschlechtern. Aber das ist heute noch nicht der Fall.

Was sind Ihre bisherigen Erfahrungen auf der eigens eingerichteten Internetseite «6mpixel.org»? Was für ein Meinungsbild ergibt sich dort?

Wir haben von den Anwendern aus allen Teilen der Welt durchweg Zustimmung für diese Initiative erhalten; und vor allem: Viele Anwender bestätigen durch ihre eigenen Erfahrungen, dass Kompaktkameras mit vielen Megapixeln in der Praxis Qualitätsprobleme haben.

Wie kann der Kunde sicher sein, dass er eine Kamera mit einem optimal mit Megapixel bestückten Sensor kauft?

Die Empfehlung ist vor allem, sich in der einschlägigen Fachpresse zu informieren, weil dort entsprechende Tests und Vergleiche publiziert werden. Die technischen Datensammlungen der Kameras geben leider keinen Aufschluss über die tatsächliche Bildqualität.

Welche Vorteile ergeben sich durch eine Reduktion der Auflösung noch? Welche Auswirkungen hat das zusätzlich auf die Bildqualität?

Eine geringere, optimale Pixelzahl sorgt für eine bessere Wiedergabe sowohl was die Feinheit des Details angeht sowie hinsichtlich geringerer Störungen vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen. Darüber hinaus können Kameras mit niedrigeren Megapixeln höhere Kontrastverhältnisse bewältigen, haben also einen grösseren sogenannten Dynamikumfang.

Gibt es Empfehlungen an die Kamerahersteller, welche Sensorgrössen und/oder -arten am besten mit welcher Bildpunktanzahl bestückt werden?

Im Prinzip gibt es solche Empfehlungen, sie sind unter anderem auf unserer Internetseite veröffentlicht. Generell sollte die Grösse eines einzelnen Bildpunktes über 3 μ betragen. Das ergibt beispielsweise für einen APS-C-Sensor eine maximale Bildpunktanzahl von 37 Megapixeln, bei einem 4/3-Sensor von 27 Megapixeln und einem 1:2.5-Sensor von 2,7 Megapixeln. Dies sind alles Richtwerte, aber sie vermitteln eine gewisse Grössenordnung.

Auflösungsvergleich

Die Grafik zeigt den Auflösungsvergleich von vier Kameras aufgenommen bei ISO 1600: Canon G10 mit 15 MP, die Canon G11 mit 10 MP, die Fujifilm F70EXR mit 12/6 MP (je nach Modus) und die Kodak M341 mit 12 MP. Die G11 und die F70 (mit sichtbarer Scharfzeichnung) liefern die gleiche Detailwiedergabe (Sichtbarkeitsschwelle) wie die G10 mit ihren 15 MP. Eine sehr mässige Kamera wie die Kodak M341 mit 12 MP liefert eine deutlich schlechtere Auflösung. Die Zahl der Pixel sagt also zumindest bei den Kompakten nichts über die Detailwiedergabe aus.

Sechs Millionen Pixel gehören schon lange der Vergangenheit an. Es gibt heute keine neuen Kameras mehr, die eine derart geringe Auflösung haben. Verunsichert Ihre Forderung nach 6 Mpix nicht die Konsumenten? Müsste man heute nicht die Messlatte höher legen? Was raten sie den Konsumenten beim Neukauf heute?

Wie gesagt ist nicht die Pixelanzahl sondern die Grösse eines einzelnen Pixels entscheidend. Bei den höherwertigen Kameras hat sich auch die Sensorgrösse leicht erhöht. Gleichzeitig haben sich die Herstellungsprozesse verbessert, was sich auf das Rauschverhalten ausgewirkt hat. Deswegen kann man die 6 Megapixel 2007 nicht als «Forderung» bezeichnen sondern eher als ein Sticheln gegen die Pixelmanie. Ob man nun die Grenze bei 6, 8, oder 10 Megapixel zieht hängt davon ab, wie gross der Sensor tatsächlich ist, welche Qualität man erwartet und bei welchen Lichtverhältnissen noch ansehnliche Bilder entstehen sollen. Die Panasonic DMC-LX3 hat einen 1/1,63″ Sensor mit 10 Megapixeln, die Canon G11 einen 1/1,7″ Sensor mit ebenfalls 10 Megapixeln. Der grösste Sensor zur Entstehungszeit der 6 Megapixel Aktion war 1/1,8″ Zoll gross und die Bildqualität der damaligen Fujifilm F31fd ist bislang von den anderen Kompaktkameras nicht übertroffen worden. Wenngleich auch die vorgenannten Modelle im Ergebnis nahezu gleichwertig waren.

Beim Neukauf ist darauf zu achten, was man für eine Kamera möchte. Solange man sich im Klaren darüber ist, dass das Kameramodul im Mobiltelefon oder die Kleine für die Westentasche bei schlechten Lichtverhältnissen Probleme haben, ist das vollkommen in Ordnung auch solche Kameras für Schnappschüsse zu verwenden. Wenn es etwas mehr sein soll, dann wird die Kamera immer grösser bis hin zur Spiegelreflexkamera. In jedem Fall kann man sagen, dass in der jeweiligen Klasse weniger Pixel meist mehr Bildqualität bedeutet. Aber sicher ist man nur, wenn die Kameras das bei einem aussagekräftigen Test z.B. in einer Fachzeitschrift bewiesen hat.

Ist es nicht eher die Halbleiterindustrie als die Kamerahersteller, welche für die Pixelmanie verantwortlich ist? Sie betreibt auch die Forschung und bietet neue Sensorentypen der Kameraindustrie an.

Das geht sicher Hand in Hand. Die Sensorhersteller wollen den Kameraherstellern natürlich neue Sensoren bieten und haben in der Vergangenheit ihr Augenmerk auf die Pixelzahl gelegt, was sich nun langsam ändert. Die Nachfrage von Seiten der Kamerahersteller ging in die gleiche Richtung. Aber auch das hat sich geändert.

Ihre Initiative startete in 2008 mit der Aussage, dass 6 Millionen Bildpunkte für eine optimale Bildqualität reichen. Kann man sagen, dass heute 8 oder 10 Megapixel das Optimum darstellen, vielleicht durch eine verbesserte Produktion bei der Sensorherstellung?

Grundsätzlich stimmt das: Die Grösse der Sensoren ist leicht gestiegen, das bedeutet eine grössere Fläche und dies wiederum mehr Platz für mehr Bildpunkte, ohne dass es zu den genannten Problemen hinsichtlich der Bildqualität kommt. Ausserdem sind die Produktionsmethoden tatsächlich verbessert worden. Deshalb kann man heute sagen, dass 8 oder auch 10 Megapixel bei einer Sensorgrösse von 1:1.8, die in vielen Kompaktmodellen verwendet wird, ein guter und sinnvoller Wert ist.

Wie geht es mit der Initiative «6 Megapixel» weiter? Was bleibt noch zu tun?

Obwohl insgesamt schon eine Menge erreicht wurde: Das «Pixel-Rennen» ist noch nicht vorbei. Aktuell sind es vor allem die Mobile Phones, bei denen die möglichst vielen Megapixel zu irreführender Aussage über die Bildqualität herangezogen werden. Bei diesen sehr kleinen Sensoren machen hohe Pixelzahlen keinen Sinn, denn dadurch erscheint das beste Objektiv als Flaschenboden.

Es gibt ausser der Pixelanzahl noch viele Bereiche in der digitalen Fotografie, bei denen es Erklärungsbedarf gibt. Wir werden uns auf der Seite 6mpixel.org auch in Zukunft diesen Themen wie der Auslöseverzögerung oder dem Rauschen bei schlechten Lichtverhältnissen widmen und zur Aufklärung der Verbraucher beitragen.

Ein Kommentar zu “«Wir brauchen nicht mehr Pixel, sondern grössere Sensoren»”

  1. MegaPixel in Massen was soll der Quatsch?? Immer mehr Pixel sind nur Verkaufsargumente nichts weiter. Ich habe eine NIKON D700 mit 12,1MP und FX Sensor. Was für eine Auflösung kaum zu glauben, und erst das Rauschen – das können sie bei dieser Kamera vergessen. Warum wohl ist NIKON vom hohen Pferd der Megapixel herunter gestiegen – die neueste Kamera D3s – hat auch „nur“ 12,1 MP im Gegensatz ihrer Schwester D3 mit 24 MP. Da gehe ich mit Ihnen einig wir brauchen nicht mehr MP und vielleicht sogar nicht einmal grössere Sensoren. Was nutzt all das wenn den Verbrauchern auch im Zeitalter der Digital-Fotografie nicht Bewusst ist dass es immer noch die Objektive sind die Schlussendlich über die Bildqualität bestimmen. Was hilfts hinten, sprich eine Superkamera zu haben wenn vorne nichts ist.

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