Urs Tillmanns, 31. Januar 2013, 22:29 Uhr

Die CP+ 2013 in Yokohama hat begonnen

Gestern wurde die CP+ 2013 in Yokohama, etwa 30 Kilometer südlich von Tokio, feierlich eröffnet und dauert noch bis Sonntag, 3. Februar 2013. Zwar findet sie nach neuem Konzept erst zum vierten Mal statt, doch hat sie sich bereits als wichtigste Fotomesse im asiatischen Raum etabliert. Trotz zahlreichen Vorankündigungen in den letzten Tagen gibt es viel Interessantes zu sehen.

 

Nur kurz nach der PMA, die vom 8. bis 11. Januar 2013 vereint mit der CES in Las Vegas stattgefunden hatte, lockt jetzt die CP+ in Yokohama während vier Messetagen rund 80’000 Fotobegeisterte in die Hallen des modernen Messezentrums «Pacifico Yokohama». Fotomessen hat es in Japan seit den 1950er Jahren unter den verschiedensten Bezeichnungen und an unterschiedlichsten Ort immer gegeben. Vor vier Jahren hat sich die CIPA (Camera & Imaging Products Association) als durchführende Organisation für ein neues Konzept entschieden, die Messe nicht mehr in der japanischen Metropole durchzuführen, sondern als gross angelegte Publikumsmesse in der südlichen Industriestadt Yokohama.

Das Messezentrum Pacifico Yokohama bietet der CP+ grosszügig Raum

Skeptiker befürchteten, dass so kurz nach der PMA@CES die Luft aus dem Neuheitenballon raus sei, doch scheinen, auf Grund der in den letzten Tagen bereits angekündigten Produkte, die japanischen Hersteller doch noch einige Rosinen für ihre Heimmesse aufgehoben zu haben. Abgesehen davon hat die CP+ einen ganz besonderen Reiz: das sind viele kleinere Aussteller mit Produkten, die man in Europa gar nicht kennt und auch kaum je sehen wird. Oder solche, die wir zwar kennen, doch verrät hier ein anderer Markenname, ein anderes Labeling einen anderen Hersteller.

Klares Konzept: Die grossen Stände flankieren die Aussenseiten, die kleineren sind in der Mitte nach Produktegruppen angeordnet

Für dieses Jahr hat die CP+ ihr Workshop- und Vortragsprogramm  erheblich ausgebaut und will damit eine breitere Besucherschaft von Profis und Geschäftsleuten nach Yokohama bringen. So verlockend die Themen auch sind, die Veranstaltungen nützen den wenigen westlichen Besuchern aus sprachlichen Gründen relativ wenig, denn nur vereinzelte Vorträge werden simultan übersetzt.

 

Der Messerundgang

Auf den ersten Blick fallen die überdimensionierten Stände der bekanntesten Marken auf, wie Canon, Casio, Epson, Fujifilm, Kenko-Tokina, Nikon, Olympus, Panasonic, Pentax-Ricoh, Sigma, Sony und Tamron (in der Folge auch alphabetisch besprochen), welche die riesige Halle flankieren, während sich die kleineren Stände, nach Produktebereiche gruppiert, in der Hallenmitte befinden. Das ergibt für den Besucher eine gute Übersicht und in der Regel einen flüssigen Besucherstrom.

Bei den meisten Kameramarken stehen – so kurz nach Photokina – vor allem neue Kompaktkameras an, mit der Tendenz «kleiner, dünner, mit WiFi und grösserem Zoombereich».

 

Canon hat zur diesjährigen CP+ ihr Kompaktsegment aufgestockt, mit insgesamt drei neuen IXUS-Kameras und einer PowerShot A. Trendentsprechend wird hier vor allem der Zoombereich erweitert und zwei der Modelle sind mit WiFi-Funktion ausgestattet. Weiter kommen hier auch die Profis und Hobbyfotografen auf ihre Rechnung, indem sie sich über das breite Angebot an Spiegelreflexmodellen und Objektiven detailliert informieren können. Hier gibt es allerdings zur Zeit nichts neues.

Canon gibt an Messen gerne etwas über ihre Technologien preis – das mit Recht, denn das Unternehmen gehört zu den fleissigsten Patentanmeldern Japans. Ein Beispiel dafür ist die Erklärung der elektromagnetischen Blendensteuerung, die nicht nur den Einstellwert sehr präzise anfährt, sondern durch eine spezielle Form der Blendenlamellen zu einer möglichst runden Öffnung führt, um einen harmonischen Bokeh-Effekt zu erzielen.

 

Obwohl Fujifilm noch kurz vor der Messe die beiden Kompaktmodelle Finepix F900EXR und F850EXR  vorgestellt hatte, sind es wohl eher die elitäreren X-Modelle, welche das Publikum interessieren und welche Fujifilm auch in den Vordergrund stellt. Allen voran interessieren die beiden kürzlich präsentierten Modelle X100S und X20, für die es am Fujifilm-Stand Wartezeiten gibt, um die nostalgisch designten Trendkameras endlich in die Hand nehmen zu können.

 

Am Stand von Nikon wird die Nikon 1-Reihe dominant präsentiert, die es ja mittlerweile in sechs Modellvarianten (S1, J1, J2, J3, V1 und V2) gibt.

Die fünf kürzlich präsentierten Kompaktmodelle Coolpix S9500, S5200, AW110, S31 und L27 treten daneben eher etwas in den Hintergrund. Auffallend auch hier, dass sämtliche neuen Kompaktmodelle in verschiedenen bunten Ausführungen zu haben sind. Ob die auch alle gleicht gut im Markt Anklang finden werden?

Auch die Nikon-Fans finden hier ihr Zuhause und werden im Profibereich fachkundig beraten. An Themen fehlt es dabei kaum.

 

Bei Olympus ist ganz klar die kompakte Stylus XZ-10 der Star, die mit ihrem lichtstarken Fünffachzoom preislich sehr interessant ist. Auch wird in eindrucksvoller Art die Bildstabilisierung in fünf Achsen der SH-50  gezeigt, welche als erste Kompaktkamera diese von der OM-D übernommen hat.

Und schliesslich macht die Tough Stylus TG-2 mit einer verblüffenden Präsentation auf ihre gigantischen Supermakro-Eigenschaft aufmerksam, in welcher das Sucherbild eines mikroskopisch klein beschrifteten Reiskorns in verschiedenen Zoompositionen auf einem Monitor gezeigt wird.

In einer Besucherbefragung will Olympus übrigens wissen, ob Silikonüberzüge für Kompaktkameras zu einer besseren Griffigkeit beitragen könnten, ob sich diese angenehm oder eher widerlich anfühlten und welche Farben am ehesten bevorzugt würden. Ob aus dieser Publikumsbefragung ein käufliches Produkt wird, will mein Übersetzer nicht sagen. Dafür führt er mich stolz vor eine Vitrine, wo ein blauer Tüll den Prototyp des E-P3 Nachfolgemodells verhüllt – es soll noch dieses Jahr auf den Markt kommen.

 

Bei Panasonic wird die GH3 als spiegelloses Topmodell in den Vordergrund gestellt, gefolgt von den jüngsten Kompaktmodellen, die schon auf der PMA zu sehen waren: die ultradünne XS-1, die SZ-9, die FT5 und die TZ-40.

Zu letzterer gibt es jetzt eine Android-App, mit welcher die Kamera über WLAN mit nahezu allen Funktion fernbedient werden kann. Zudem wurden für die Modelle FT5 und TZ40 zwei Unterwassergehäuse mit Unterwasserblitzgeräten gezeigt, die bis 45m tauchfest sein sollen.

 

Bei Ricoh-Pentax wird’s von aussen zunächst einmal mächtig bunt: Die im letzten September präsentierte Q10  soll in Japan in unzähligen Farbvarianten auf den Markt kommen, ein Aussehen, das in Japan offensichtlich vor allem bei einer jungen Kundschaft sehr gefragt ist, das jedoch in Europa oder Amerika wohl weniger Liebhaber finden dürfte.

Weitere Highlight, und farblich nicht weniger auffallend gestaltet, sind die drei Abenteuermodelle WG-3, WG-3 GPS und WG-10. Sie sind bis 14 Meter wasserdicht, bis 100 Kilo belastbar und bieten fotografisch einen 16 Mp-Sensor und Full HD-Videoqualität.

Wenig auffallend, aber technisch spannend, ist die Konzeptstudie einer doppelten Fisheye-Kamera von Ricoh. Auffallend ist der etwas überdimensionierte Griff, mit dem die Kamera hochgehalten wird (damit der Fotograf selbst weniger dominant ins Bild kommt), sowie die beiden gegenseitig angeordneten Fisheye-Objektive, welche je eine Kugelhälfte aufnehmen. Das fotografische Endprodukt soll dann eine Bilderkugel sein, die ein sphärisches Rundumbild zeigt. Wie das Endprodukt genau hergestellt werden soll und ob das Projekt überhaupt weiterverfolgt wird, war nicht zu erfahren – es soll damit eindrucksvoll gezeigt werden, dass die Fotografie entwicklungsmässig noch lange nicht an ihrem Ende ist.

 

Sigma setzt im Moment stark auf Festbrennweiten, wohl mit der Überlegung, dass alle Kameraanbieter sich vorwiegend auf Zoomobjektive konzentrieren und die optisch besser korrigierbaren Festbrennweiten vernachlässigen würden. Am Sigma-Stand wurden die vier Typen 2,8/19 mm DN, 2,8/30 mm DN und DC, 1,4/35 mm DG und 2,8/60 mm DN in Schwarz und Silber mit Anschlüssen für die verschiedenen Systemkompaktmodelle (mit Canon-, Nikon-, MicroFourThirds-, Sigma- oder Sony-NEX-Bajonett) gezeigt, wobei sich Sigma bezüglich Markteinführung und Preise noch sehr zurückhaltend gibt. Weiter stehen die beiden neuen Zoomobjektive 2,8-4/17-70 mm DC Macro OS HSM  und 2,8/120-30 mm DG OS HSM  im Zentrum des Publikumsinteresses.

 

Am Sony-Stand werden das Alpha- und das NEX-System in der vollen Breite demonstriert, mit der Möglichkeit, die Geräte und Systemteile selbst an verschiedenen Motivplätzen zu erproben. Als nicht wirkliche Neuheiten werden hier auf der CP+ die beiden Objektive 1:2.8/20mm-Pancake und das motorisierte E PZ 1:3.5-6.3/18-200mm OSS Powerzoom. Diese sollen ab Februar zuerst in Europa eingeführt werden, deshalb befinden sie sich hier an einem diskreten Ort noch hinter dickem Plexiglas.

 

Tamron hat schon vor der CP+ angekündigt, dass ein Megazoom 14 bis 150 mm mit Micro Four Thirds Anschluss auf dem Programm stehen würde. Jetzt wurde ein Prototyp davon in einer Vitrine gezeigt, offensichtlich als Absichtserklärung, dass Tamron nach Objektiven für die Sony NEX auch solche für Olympus und Panasonic anbieten will. Allerdings ist ausser den Kenndaten 1:3,5/5,8/14-150 mm Di III VC am Tamron-Stand nicht viel mehr zu erfahren – keine Preisvorstellung, kein Markteinführungszeitpunkt. Das Objektiv selbst ist noch unter Verschluss – no touching …

 

Bei Tokina sind zwei neue Zooms angekettet, ein 1:4/12-28 mm AT-X Pro DX für Spiegelreflexkameras mit APS-C Sensor und ein 1:4/70-200 mm AT-X Pro FX für Vollformat. Die Informationen dazu scheinen selbst auf Japanisch noch spärlich zu sein, doch deutet das Finish der beiden interessanten Zooms darauf hin, dass es sich bereits um Serienprodukte handelt und die Markteinführung nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen dürfte.

Als Partner am Kenko-Tokina Stand ist auch die koreanische Samyang zu finden, mit einigen interessanten Neuheiten, nämlich ein 3,5/7,5mm Fisheye für Micro Four Thirds (nicht im Bild), ein 2,8/8 mm Fisheye in Silber und Schwarz für Sony NEX sowie für Fujifilm XF, ein 3,5/24 mm Tilt-Shift Aspherical mit Canon-, Nikon- und Sony Alpha-Bajonett, sowie vier Objektive für den Cinema-Bereich, ein T3,8/8mm Fisheye für Nikon, ein T3,1/14 mm für Canon, ein T1,5/24 mm für Nikon sowie ein T1,5/85 mm für Canon. Detailinformationen und technische Daten gibt es auch auf Japanisch noch keine …

Soviel für den ersten Messetag, der sich doch recht interessant entwickelt hatte. Auch der Besucherandrang war für einen Werktag recht hoch, war doch zu gewissen Zeiten vor allem im Neuheitenbereich der Stände kein Durchkommen mehr. Morgen geht es den kleineren Ständen nach, um zu sehen, was es dort zu entdecken gibt.

Live aus Yokohama: Urs Tillmanns

 Lesen Sie auch unseren Bericht «CP+ 2013 – der zweite Messetag»

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